Friedhofsspaziergang: Nicht alle Kriegsopfer bekommen eine persönliche Erwähnung

Der Spaziergang über den früher sogenannten Ausländerfriedhof am Sonntag, 1. August 2020, sorgte für lebhafte Gespräche rund um das Thema Tod und Erinnerungskultur – Beate Schwedler vom Verein Forum Dunkelbunt e.V. wurde dabei unterstützt von fachkundigen Gästen: Dmitriy Kostovarov von einem historischen Verein, der sich um russische Kriegsopferdaten kümmert sowie Friedrich Steinweg, der bei einem Dortmunder Bestatter als Sargträger arbeitet. Keine persönliche Erwähnung der sowjetischen Opfer – das schmerzt

Dmitriy Kostovarov von einem historischen Verein, der sich um russische Kriegsopferdaten kümmert, findet es traurig, dass die sowjetischen Opfer des Zweiten Weltkriegs nicht namentlich Erwähnung finden auf dem Dortmunder Ausländerfriedhof.

Wie wichtig die Grabstelle des Großvaters oder Urgroßvaters sein kann, machte Dmitriy Kostovarov deutlich. Offiziell sind auf dem Gelände gegenüber des Dortmunder Hauptfriedhofs 5.095 Sowjets beerdigt – Kriegsopfer und Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg. Allerdings sind die Sowjets nicht einzeln mit Namen erwähnt – was schmerzen kann, wie Kostovarov deutlich macht.

Opferzahlen erscheinen nicht so groß

Denn im Gegensatz dazu sind die polnischen Opfer, oder die serbischen Opfer und auch die beigesetzten Juden alle namentlich erwähnt. Hätte jedes sowjetische Opfer auch ein eigenes Kreuz oder eine namentliche Erwähnung, würde die hohe Zahl der Opfer ganz anders sichtbar und erlebbar werden.

Persönliche Fragen erörtert

Eine interessierte und lebhafte Runde fand sich zum Friedhofsspaziergang zusammen, wie immer mit „unverblümten Gesprächen über den Tod“.

Wie immer war auch der Spaziergang über den Ausländerfriedhof keine Fach-Führung, sondern ein Angebot des Vereins, über persönliche Fragen rund um den Tod ins Gespräch zu kommen. Und so ging es auch darum, welche Bedeutung die Wahrnehmung der Kriegsopfer für uns heute noch hat. Wie schnell aggressive und fremdenfeindliche Strömungen hochkochen können, sehe man auch heute, meinte eine Besucherin. Dass Schuld und Scham der Täter zu Verdrängung und Verschweigen geführt hat, sagte eine andere. Dies führe in manchen Familien zu dunklen Schattenseiten, die manchmal nur schwer gedeutet werden können.

Was ist anders bei jüdischen oder muslimischen Bestattungen?

Friedrich Steinweg, der bei einem Dortmunder Bestatter arbeitet, seit er Rentner ist, wusste Vieles aus seinem Arbeitsalltag zu erzählen.

Aber auch um ganz praktische Fragen im Hier und Jetzt drehte sich das mitunter sehr lebhafte Gespräch – es ging beispielsweise darum, was an muslimischen oder jüdischen Bestattungen anders. Oder um die Frage, wie um Totgeburten getrauert werden kann. Ein spannender und interessanter Nachmittag mit vielen konkreten Fragen. Hier konnte auch Sargträger Friedrich Steinweg viel aus seiner Praxis erzählen.

 

03.08.2020